Anlässlich eines Vortrages über die Imkerei in Korea und die invasive Hornisse Vespa velutina auf der Erwerbsimkertagung in Graz im Februar 2016 stelle ich eine Auswahl der dort präsentierten Folien und einen Artikel, der in der Dezemberausgabe 2015 von Bienenaktuell erschienen ist, online!
Vespa velutina Invasion und Imkerei in Südkorea.
Robert Brodschneider, Vortragsfolien von der Erwerbsimkertagung am 21.2.2016.
Imkerei in Korea: Lokalaugenschein im Land der 2 Honigbienen-, 2 Milben- und 10 Hornissenarten.
Robert Brodschneider, Bienenaktuell 12/2015, Seite 16-17.
In Daejeon in Südkorea fand heuer der 44. Weltkongress der Imkerverbände statt (siehe dazu auch Artikel aus der Novemberausgabe der Bienenaktuell). Der Kongress war Grund für eine Reise in deren Rahmen ich mich auch mit der Imkerei und Biologie der Honigbienen und ihren Plagegeistern in Korea auseinandersetzen konnte.
Korea ist nicht nur in Hinblick auf die Biologie der Honigbiene interessant. Korea ist nach einem Krieg, in dem es sich mangels Friedenserklärung offiziell noch immer befindet, seit 1948 ein geteiltes Land. Während Südkorea ein im Bereich der Hochtechnologie weltweit führendes Land ist, ist Nordkorea international weitestgehend isoliert. Auf einer Fläche, die nur etwa 20 Prozent größer als Österreich ist, leben in Südkorea immerhin mehr als 50 Millionen Menschen, wobei auch in Südkorea ein Großteil des Landes aufgrund stark hügeliger Topografie nicht für Landwirtschaft oder Wohnraum genutzt werden kann. Dennoch werden in diesem Land geschätzte 2 Millionen Bienenvölker betreut, die meisten Imkereien betreuen etwa 100 bis 200 Bienenvölker. Die ursprünglich einzig in Korea vorkommende Bienenart ist die östliche Honigbiene, Apis cerana, die wie unsere westliche Honigbiene zu den mittelgroßen Honigbienen zählt und höhlenbrütend ist. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde allerdings die westliche Honigbiene Apis mellifera eingeführt, die sich aufgrund der höheren Produktivität, in der Imkerei weitgehend durchgesetzt hat. Der Anteil der von Imkereien betreuten Cerana-Völker hat sich so, aber auch durch Sackbrut-Epidemien, auf etwa 10% reduziert. Nichtsdestotrotz wird der Honig der Cerana-Biene von der Koreanischen Bevölkerung als Honig der wahren heimischen Honigbienenart gesehen und daher sehr geschätzt, was sich auch in den weit höheren Preisen für diesen Honig widerspiegelt die mir kolportiert wurden. Ob und wie sich dieser Honig von jenem der westlichen Honigbiene unterscheidet, und woran der Konsument diesen erkennt, muss ich allerdings unbeantwortet lassen, da es mir nicht möglich war einen solchen zu verkosten. Apropos Honigpreis, mehrere Besuche auf Märkten, sowie Gespräche mit Imkerinnen und Imkern zeigen einen für das Land vergleichsweise hohen Preis von 12-13 Euro pro Kilogramm Honig, der zumeist in großen Plastikgebinden angeboten wird (Abbildung 1). Auch diverse Gesundheits- oder Kosmetikprodukte auf Basis von Wachs, Pollen, Propolis, wie etwa Propolis-Zahnpasta, werden häufig angeboten.
Die östliche Honigbiene Apis cerana ist der ursprüngliche Wirtsorganismus von zwei heute bei uns sehr weit verbreiteten Bienenparasiten: Nosema ceranae und Varroa destructor. Der intrazelluläre Darmparasit Nosema ceranae hat nach einem Wirtswechsel auf Apis mellifera, die ursprünglich in Europa vorkommende Art Nosema apis fast vollständig abgelöst, oder kommt zumindest nur mehr in Mischinfektionen mit ihr vor. Zum anderen hat auch die bei uns vorkommende Varroa-Milbe ihre Wurzeln in Korea. Die Ausbreitung der Milbe hat laut Professor Chuleui Jung, dessen Labor und Versuchsbienenstände in Andong ich besuchen durfte, und der bei der Organisation weiterer Standbesuche sehr hilfreich war, auch mit dem Krieg in Korea zu tun. So dürften russische Soldaten unwissentlich Bienen mit der Milbe aus Korea nach Russland transportiert haben. Die weitere Geschichte der Ausbreitung der Varroa-Milbe über den gesamten Eurasischen Kontinent, sowie die Auswirkungen die diese mit sich brachte sind bekannt. Eine weitere Milbe kommt seit Anfang der 1990er Jahre in Korea vor: die Tropilaelaps-Milbe. Diese Milben wurden vermutlich durch illegale Bienenimporte eingeführt und befallen heute gemeinsam mit der Varroa-Milbe Bienenvölker, wobei letztere als größeres Problem wahrgenommen wird. Bekämpft werden beide Milben meist durch auf Plättchen aufgeträufelte synthetische Acarizide wie Fluvalinat oder Amitraz, die zumeist ohne Rücksicht auf Resistenzen eingesetzt werden (Abbildung 2). Während der brutfreien Zeit werden die Milben mit Oxalsäure bekämpft.
Eine Besonderheit in Asien und auch Korea ist das Vorkommen mehrerer Hornissenarten die den Bienen zusetzen. Während in Europa nur eine ursprünglich heimische Hornissenart (Vespa crabro) lebt, finden sich in Korea derer zehn, darunter auch die in Europa eingeschleppte und in Ausbreitung befindliche Vespa velutina. Gerade ihrer Auswirkung auf Bienenvölker wegen war der Besuch mehrerer Bienenstände besonders interessant. Genau wie in Europa, im Jahr 2004 nahe dem französischen Bordeaux, wurde diese Hornisse in Korea über den Schiffsverkehr im Jahr 2003 an der Ostküste des Landes, in der Hafenstadt Busan eingeschleppt. Die vermutete Herkunft der eingeschleppten Individuen ist Shanghai. Seither hat sich der Räuber von Bienen und anderen Insekten schon fast über die gesamte Südkoreanische Halbinsel ausgebreitet, wobei laut Professor Jung die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Hornisse in Korea geringer sei als in Europa. Das könnte an der Topografie Koreas, aber auch durch die Konkurrenz mit den anderen in Korea lebenden Hornissenarten liegen. An einem Bienenstand in der Nähe der Ostküste konnte ich Vespa velutina im September, also zu ihrer Hochsaison, beobachten. Sie fliegen gezielt und geschickt Bienenvölker an, erbeuten nach meist nur wenigen Sekunden erfolgreich eine Biene vor dem Flugloch, und ohne abzusitzen verschwinden sie wieder in Richtung ihres Nests um ihre Larven mit der Beute zu füttern. Das Nest baut Vespa velutina meist hoch in den Bäumen, was sowohl eine Sichtung als auch eine Bekämpfung stark erschwert. Manche koreanische Imker haben bereits großes Geschick entwickelt, die am Flugloch jagenden Hornissen mit einem Schmetterlingsnetz zu fangen. Einhundert Hornissen werden in Schnaps eingelegt und diese Flaschen hochpreisig am Markt verkauft, schließlich sei dieses Getränk „gut für den Mann“.
Die eingeschleppte Hornisse ist aber nicht die einzige Hornissenart, die Jagd auf Koreanische Honigbienen macht. In allen Bienenständen die ich in Korea besuchte, konnte ich die seit jeher in Korea heimische und noch größere Art Vespa mandarinia (Abbildung 3) beobachten. Die östliche Honigbiene hat bestimmte Abwehrmechanismen gegen diese und andere Hornissen, wie etwa das zu Tode heizen, entwickelt. Vespa mandarinia wird auch von den Imkern mit unterschiedlichen Fallensystemen bekämpft: als Lockstoff dienen entweder die Duftstoffe einer gefangene Hornisse selbst, oder ein selbsthergestellter Sud aus Zucker und Eichenholz. Unter den jagenden Hornissen am Flugloch konnte ich auch Vespa crabro, die Hornisse die wir aus Österreich kennen, beobachten. Im Vergleich zu den anderen vorkommenden Hornissenarten wird diese von den ansässigen Imkern allerdings als nur ein kleines Übel betrachtet.
Der Einblick in die Imkerei eines so fernen Landes trägt sicherlich dazu bei, den Blick auf die heimische Imkerei zu schärfen. Der lockere Umgang bei der Einbringung von Acariziden, aber auch von Antibiotika, in Völker, der in Korea gang und gebe ist, regt zum Nachdenken an, und macht Lust auf unbelasteten Honig. Die Ausbreitung der invasiven Hornissenart Vespa velutina und ihre Auswirkung auf Bienenvölker könnte ein Blick auch in die nahe Zukunft der Situation in Österreich sein, befindet sich diese Hornisse doch auch in Europa in Ausbreitung.