10 Jahres-Analyse zeigt wie Wetter die Wintersterblichkeit von Bienenvölkern beeinflußt!

Die jährlich im Rahmen der Untersuchung der Wintersterblichkeit von Bienenvölkern erhobenen Daten stellen eine wichtige Grundlage für tiefergehende Untersuchungen dar. In einer neuen Arbeit haben wir die Winterverluste von 10 Jahren einer gemeinsamen Analyse mit Wetterdaten auf Tagesbasis unterzogen. Dabei zeigt sich klar, dass das Wetter einen EInfluß auf die Wintersterblichkeit hat!Den Faktor Wetter für Wintersterblichkeit von Bienenvölkern haben wir schon 2017 im Rahmen des Projektes Zukunft Biene (1) untersucht. Damals stand uns ein Datensatz von 6 Überwinterungen in Österreich zur Verfügung. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind hier zusammengefasst. Bienenvölker sind vorwiegend indirekt vom Wetter abhängig: Die Zahl der Sammeltage im Sommer beeinflußt die Entwicklung der Vegetation und damit die Volksentwicklung, und viele andere Variablen. Dazu kommen natürlich auch noch die bekannten Faktoren Varroamilbe (die Bekämpfung ist stark vom Wetter abhängig) sowie den mit der Milbe einhergehenden Erkrankungen. Diese Studie stellt bis heute eine der wenigen auf tatsächlichen Daten beruhenden Untersuchungen zum Thema Völkersterblichkeit und Klima(wandel) dar, und wurde entsprechend oft von anderen wissenschaftlichen Publikationen zitiert.

In der neu veröffentlichten Studie stand uns bereits ein Datensatz von 10 Überwinterungen in Österreich zur Verfügung, und wir haben diesen mit Wetterdaten verschnitten, allerdings in höherer zeitlicher Auflösung. Hatten wir 2017 noch mit Monatsmittelwerten gearbeitet, haben wir diesmal Wetterphänomene auf Tagesbasis berücksichtigt. Dazu haben wir bereits im Vorfeld (aus einer Vielzahl möglicher Szenarien) vier Hypothesen formuliert und ausgearbeitet, die danach anhand echter Daten überprüft wurden.

Hypothese 1: Die Zahl Tage mit gutem Flugwetter (mehr als 10°C Tagesdurchschnitts-temperatur, kein Niederschlag) von 1. März bis 31. Oktober steht in einem negativen Zusammenhang mit der Wintersterblichkeit. Diese Hypothese konnte bestätigt werden: je mehr gute Sammeltage die Bienen vorfinden, desto geringer ist die Wintersterblichkeit. In Abbildung 1 ist die Zahl der Tage mit optimalem Flugwetter für Österreich, sowie der negative Zusammenhang mit der Wintersterblichkeit dargestellt.

Hypothese 2: Das Auftreten von Kälteperioden im Spätherbst (mindestens 7 Tage mit höchstens 3°C Tagesdurchschnitts-temperatur) von 15. Oktober bis 15. Dezember steht in einem negativen Zusammenhang mit der Wintersterblichkeit. Diese Hypothese konnte mithilfe von 2 Variablen bestätigt werden: Je mehr Kältetage und je länger solche Kälteperioden im Spätherbst andauern, desto geringer ist die Wintersterblichkeit. Die Völker gehen aus der Brut, die letzten Trachtpflanzen frieren ab.

Hypothese 3: Milde Wintertage stehen in einem negativen Zusammenhang mit der Wintersterblichkeit. Gezählt werden Zeitfenster mit mindestens 2 Ausflugstagen (über 5°C, kein Niederschlag) in einem Zeitraum von 9 Tagen im Jänner und Februar. Die Untersuchung zeigt: je mehr solcher Zeitfenster mit milden Wintertagen vorkommen, desto geringer ist die Wintersterblichkeit (die Bienen können Wabengassen überqueren um dem Wintervorrat zu folgen, Reinigungsflüge machen…). In der untenstehenden Abbildungist ersichtlich, dass vor allem im Osten Österreichs, viele Zeitfenster mit milden Wintertagen zu finden sind, sowie daneben der ermittelte Zusammenhang.

 

Hypothese 4: Kälteperioden im Jänner, Februar und März stehen in einem positiven Zusammenhang mit der Wintersterblichkeit. Gezählt werden Tage von mindestens 10 aufeinanderfolgenden Tagen mit weniger als 2°C Höchsttemperatur und Durchschnittstemperaturen von unter 0°C. Je länger solche Kälteperioden dauern (Abbildung unten links), beziehungsweise je mehr solcher Tage insgesamt gezählt werden (rechts unten), desto höher fällt die Wintersterblichkeit aus. In den Karten sind Gebiete über 1200 maskiert, so dass wir die Kältepole im Norden Österreichs erkennen können.

Mit den vorhandenen Datensätzen und den gewählten statistischen Methoden konnten wir die vier gestellten Hypothesen eindeutig bestätigen. Der Faktor Kälteperioden im Jänner, Februar und März zeigte dabei den stärksten Einfluß. Es sei aber erwähnt, dass die gewählten statistischen Verfahren nur etwa 20% der Winterverluste erklären können. Betriebsweise, Varroa und assozierte Krankheitserreger, Effizienz der Varroabekämpfung,Trachtangebot und so weiter erklären vermutlich (zu unbekannten Anteilen) den großen Rest der Verluste. Dennoch konnten wir durch diese Untersuchung zum Teil lange vermutete Zusammenhänge zwischen bestimmten Wetterereignissen bestätigen, und die Basis für weitere Untersuchungen legen.

Der zitierte Artikel ist vollständig frei zugänglich:
Becsi B, Formayer H, Brodschneider R. (2021) A biophysical approach to assess weather impacts on honey bee colony winter mortality. R. Soc. Open Sci. 8: 210618. https://doi.org/10.1098/rsos.210618

Meldung in der „Wiener Zeitung“ vom 22.9.2021

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