Hat das Wetter einen Einfluss auf Wintersterblichkeit von Bienenvölkern?

figure4Die Gründe für schwankende Überwinterungsverluste von Bienenvölkern werden heiss diskutiert. In den Medien wurde auch oft das Wetter als ein möglicher Faktor diskutiert. Erstaunlicherweise liegen bisher keine fundierten Untersuchungen vor, ob diese Behauptung stimmt. In einer wissenschaftlichen Arbeit haben wir nun versucht aus den Daten von 6 Jahren der Untersuchung der Winterverluste eine Antwort auf diese Frage zu geben.

Verluste von Bienenvölkern können viele Ursachen haben: dazu gehören Krankheiten und Parasiten wie die Varroa-Milbe, aber auch Umweltfaktoren wie Pestizideinsatz oder unzureichendes Nahrungsangebot. Immer wieder, zuletzt auch im Winter 2016/17, wurde das Wetter als ein wichtiger Faktor für die Überwinterung genannt. Allerdings gibt es bisher keine Untersuchungen zu diesem Thema, was auch an fehlenden flächendeckenden Daten zur Überwinterung von Bienenvölkern liegt. Dieses Faktum haben wir in den letzten Jahren mit unseren Untersuchungen zur Wintersterblichkeit von Bienenvölkern in Österreich versucht zu ändern. Im Gegensatz zu Wetterdaten, die Jahrzehnte zurückreichend in standardisierter Form vorliegen, haben wir nun einige Jahre Daten zur Wintersterblichkeit von Bienenvölkern mit der Methode der Citizen Science gesammelt. In einer wissenschaftlichen Publikation haben wir die Daten von 6 Jahren Überwinterungen von mehr als 100.000 Bienenvölkern mit den von der ZAMG bereitgestellten Wetterdaten verschnitten. Die Wetterdaten sind übrigens dieselben, die zur Wettervorhersage genutzt werden, das sogenannte INCA Datenset.

Monatswerte unterschiedlicher Klimavariablen wie Minimum-, Durchschnitts- oder Maximum-Temperatur, durchschnittlicher oder maximaler Niederschlag, durchschnittliche und maximale Sonnenstrahlung sowie durchschnittlicher und maximaler meridionaler (Nord-Süd) und zonaler (Ost-West) Wind wurden dafür verwendet. Das Ergebnis zeigt einen statistischen Einfluss des Wetters, vor allem der Temperatur und des Niederschlags, auf die Überwinterung. Dieser Einfluss unterscheidet sich in der Stärke für die einzelnen Variablen, und auch für die unterschiedlichen Monate vor und während der Überwinterung. Diese einzelnen Variablen sind in der folgenden Abbildung dargestellt. Der Einfluss kann direkt proportional mit dem Überwinterungsverlust sein (zum Beispiel durchschnittliche Höchsttemperatur T+ im September zeigt ein rotes Feld – Je höher der Wert dieser Wettervariable, also je wärmer, desto höher die zu erwartende Mortalität). Der Zusammenhang kann aber auch indirekt proportional sein – hohe Temperaturen im Februar reduzieren die Winterverluste, ersichtlich an den blauen Feldern in der Spalte F.

Zusammenhang von Wettervariablen und Winterverlusten von Bienenvölkern. Auf der x-Achse sind die Monate von März bis Februar angegeben, auf der y-Achse unterschiedliche Wettervariablen. Dabei steht T für Temperatur, P für Niederschlag, R für Sonnenstrahlung, U für zonalen Wind und V für meridionalen Wind. T– bezeichnet die Minimaltemperatur, T- die durchschnittliche Minimaltemperatur, T die Durchschnittstemperatur, T+ die durchschnittliche Höchsttemperatur und T++ die Höchsttemperatur. Felder nahe an der Farbe weiß bedeuten keinen Zusammenhang, rot einen direkten Zusammenhang (je höher der Wert desto höher die Winterverluste) und blau einen indirekten Zusammenhang (je höher der Wert desto niedriger die Verluste).

Durch statistische Modellierung (mithilfe eines „Nearest Neighbor Models“) konnten wir zeigen, dass der mittlere absolute Fehler durch Einbeziehung von Wetterdaten um 9% reduziert wird, und das mit einer statistischen Sicherheit von 99,9%. Ein sicherer Hinweis also, dass das Wetter, neben den anderen genannten Faktoren, für die Überwinterung eine Rolle spielt. Der Einfluss des Wetters auf die Vegetation und Sammeltätigkeit der Honigbienen ist offensichtlich. Diese Umweltbedingungen können die Volksentwicklung der Honigbiene beeinflussen. Ein wichtiger Zusammenhang besteht zum Beispiel zwischen der sich aus der Witterung ergebenden Zahl der Brutzyklen eines Bienenvolks und der Entwicklung der Varroa-Milbe. Kaltperioden vor Weihnachten, die immer seltener stattfinden, helfen einen natürlichen Brutstopp hervorzurufen, der auch gut zur Bekämpfung der Varroa-Milbe mit Oxalsäure genutzt werden kann. In einem warmen Herbst, der noch dazu gute Sammelmöglichkeiten bietet, brüten Völker länger, und die Milbe kann sich stärker vermehren. Auch manche Bekämpfungsmethoden der Varroamilbe sind stark von Temperatur und Luftfeuchtigkeit abhängig.

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Ganz grob gesprochen, und nur die durchschnittlichen Jahrestemperaturen und Niederschlagsmengen betrachtend, ist warmes, trockenes Klima für Österreichs Honigbienen wenig zuträglich. Abbildung 4 aus Switanek et al., 2017.

Allerdings darf die Rolle des Wetters in der Diskussion von Völkerverlusten auch nicht überbewertet werden, da andere Faktoren diese Effekte überlagern können, oder wie beim Beispiel des Varroa-Befalls, direkt mit dem Wetter zusammenhängen. Wichtig für eine profunde Aussage über den Einfluss des Wetters auf die Überwinterung ist das Zusammentreffen mehrer abträglicher Faktoren. Nichtsdestotrotz haben wir erstmals durch die mithilfe zahlreicher Imkerinnen und Imker, die sich an unserer Untersuchung beteiligt haben, erstmals den Einfluss des Wetters statistisch nachweisen können. Eine weitere Einschränkung liegt in der besonderen Topografie Österreichs: Warm und trocken ist es vor allem in den niederen Lagen, wo auch andere Umweltbedingungen und Trachtangebote herrschen, als in den feuchten und kälteren Regionen. Überlagernde Effekte aus mit diesem Faktum zusammenhängenden anderen Faktoren sind daher nicht auszuschließen. Unsere Untersuchung ist ein erster Schritt in Richtung besserem Verständnis von Winterverlusten, weitere Studien sind aber notwendig um auch den Einfluss anderer Faktoren wie zum Beispiel der Landnutzung zu verstehen oder Empfehlungen zur Betriebsweise zur Reduktion von Verlusten zu geben.

Zitierte Arbeit:

Switanek, Crailsheim, Truhetz, Brodschneider (2017) Modelling seasonal effects of temperature and precipitation on honey bee winter mortality in a temperate climate. Science of the Total Environment 579 (2017) 1581-1587. DOWNLOAD