In der Untersuchung der Winterverluste fragen wir seit einigen Jahren nach einer Beschreibungen der verlorenen Völker. Lesen Sie hier, warum diese bewusst einfach gehalten werden, und wie schwierig, aber nicht unmöglich es ist, daraus eindeutige Ursachen für den Völkerverlust abzulesen.
Der Versuch, die verlorenen Völker zu kategorisieren, hat uns schon seit Beginn der Untersuchung beschäftigt. Zum einen beinhaltet das Schadbild manchmal wertvolle Informationen über die Ursache, zum anderen darf die Beschreibung für diese Untersuchung nicht zu kompliziert sein, soll sie doch von allen TeilnehmerInnen ohne weitere Hilfsmittel erbracht werden können. Genaue Ursachenforschung, zum Beispiel auf Viren oder Pestizide, ist ohne Laborausrüstung kaum möglich. Selbst die nachträgliche Bestimmung der Varroabefallsrate eines verlorenen Volkes ist nicht trivial, daher wurde im Rahmen von Zukunft Biene ja auch eine beträchtliche Anzahl von Völkern genauestens überwacht, und die gewonnen Proben mit standardisierten Methoden untersucht. Für die Untersuchung mit Imkerbeteiligung hat die internationale Vereinigung COLOSS daher wenige, leicht festzustellende Schadbild-Beschreibungen und Terminologien standardisiert, die in ganz Europa angewandt werden, siehe Abbildung.
Zunächst bezieht sich diese Untersuchung auf Völker vor dem Winter, von denen im nächsten Jahr im Regelfall eine Honigleistung zu erwarten ist. Nach der Überwinterung, zum Beispiel bei der Frühjahrsrevision, kann ein Volk als Verlust oder überlebend gewertet werden. Überlebende Völker können weiters in starke beziehungsweise schwache, aber weiselrichtige Völker unterschieden werden. Nur diese beiden Gruppen gelten als erfolgreich überwinterte Völker. Bei den verlorenen Völkern wird zwischen drei Verlusttypen unterschieden: 1. Der klassische Winterverlust (Volk tot – Beute leer oder viele tote Bienen in Beute), 2. Verluste durch Elementarschaden (zum Beispiel Tierschäden wie durch den Specht, aber auch Flutschäden und ähnliches) und 3. Völker mit lebenden Bienen, aber ohne eine Arbeiterinnen-Eier legende Königin.
Punkt 2 ist bedeutend, da solche Völker aus weiteren epidemiologischen Untersuchungen ausgeschlossen werden können, da zu diesen Völkern keine Aussagen – etwa zu Varroabefall oder Pestizidschäden – möglich sind. Völker unter Punkt 3 werden als Verlust gewertet, weil diese Völker zumeist aufgelöst werden, wenn keine Reserveköniginnen zur Verfügung stehen. In den Vorjahren zeigte sich, dass der Anteil von Völkern mit Königinnenproblemen während der Überwinterung relativ stabil war und bei lediglich 3,6 bis 4,4% aller eingewinterten Völker lag. Wir verstehen diesen Wert auch als einen Hinweis auf etwaige Jahreseffekte, in denen Königinnen schlechter Qualität aufgrund von ungünstigen Begattungsbedingungen auftreten.
Die nächste Ebene ist eine detaillierte Beschreibung des zuvor als klassischer Winterverlust beschriebenen Falles unter Punkt 1. Die Übermittlung dieser Beschreibung ist zur Teilnahme an dieser Untersuchung nicht zwingend notwendig; im Idealfall summieren sich diese weiteren Detailbeschreibungen zur Zahl der Winterverluste (Punkt 1) auf. Dabei wird zwischen Völkern mit vielen toten Bienen in oder vor der Beute und (beinahe oder komplett) leergeflogenen Beuten unterschieden. Letzteres wurde in den vergangenen Jahren als das am häufigsten in Österreich auftretende Schadbild identifiziert. Leider gibt für dieses Schadbild nicht eine einzige kausale Ursache. Es spiegelt vielmehr das typische Absterben des Superorganismus Bienenvolk, ausgelöst durch unterschiedliche Faktoren, darunter auch die Varroamilbe, wider. Oft wird ein Volk dadurch in der Wintertraube so dezimiert, das bereits im Spätherbst oder Frühwinter nur eine kleine, nicht weiter lebensfähige Gruppe von Bienen (inklusive Königin) zurückbleibt. Des Weiteren kategorisieren wir noch zwei leicht zu bestimmende Schadbilder verhungerter Völker (erkennbar an mit dem Kopf voran in Zellen steckenden toten Bienen): Solchen die kein Futter mehr hatten, und jenen wo die Wintertraube den Kontakt zum Futter verloren hat (Futterabriss). Der Grund für die etwas kompliziert erscheinende Abfrage von Schadbildern – im Gegensatz zur Frage nach einer vermuteten Schadursache ist, dass dabei das Wissen der einzelnen ImkerInnen und deren Vermutungen weniger stark gewichtet ist, was zu einer Objektivierung in der Beurteilung führt. Eine Auswahl an Schadbildern zeigt die folgende Abbildung.
Die Häufigkeit der beobachteten Beschreibungen („Symptome“) für die Überwinterungen 2014/15 bis 2016/17 finden Sie im Endbericht des Projekts „Zukunft Biene“ auf den Seiten 38ff.